Weltuntergang

von Jura Soyfer - Inszenierung Simon H. Kappes

Die Welt geht unter und niemanden interessiert's.

Das von Jura Soyfer revueartig verfasste und 1936 in Wien uraufgeführte Schauspiel wirft einen humorvollen Blick auf das menschliche Unvermögen, mit Katastrophen umzugehen.

Ein hochaktuelles Stück...

Prolog im Kosmos - Telegraphen - Journalisten - Audienz - Modeopfer - Lora - Diplomaten - Professor Guck macht eine Erfindung - Begegnung - Vor dem Start - Bilanz - Epilog im Kosmos

Petra Bierwirth (Sonne | Lora)

Martina Dolle / Barbara Wojaczek* (erster Journalist | zweite Modedame | amerikanischer Beamter)

Inga Engels-Kunz (Führer | Journalistin der New York Tribune)

Chris Fisch (Lautsprecher)

Michael Göttsche (Mond | Professor Guck)

Barbara Heisinger (Komet Konrad | Weltuntergangsprediger)

Monika Hillen (dritter Journalist | Straßensängerin)

Sabine Lüer (Venus | erste Modedame | Winnie Winston, ein Filmstar)

Marijke Mantek (alte Jungfer | Mrs. Rockford, Milliardärsgattin)

Carmen Pöggel (zweiter Journalist | Selbstmörder | Violet, Rockfords Assistentin)

Stephan Schindler (Mars | zweiter Diplomat | Wachmann | Mr. Wood, Schriftsteller)

Hans Schmitz (Saturn | erster Diplomat | Straßensänger | Mr. Rockford, amerik. Milliardär)

 

Simon H. Kappes (Bearbeitung, Regie)

Jessica M. Middelhoff (Kostüme)

Sarah P. Ehrke (Sounddesign, Video)

Simon H. Kappes (Bühne, Licht)

Renate Basner / Marlies Preuß / Berit Haupt (Maske)

Christa Ruttmann (Souffleuse)

Jeanette D. Ehrke (Design, Fotografie)

* ab September 2023

Jura Soyfer wurde am 8. Dezember 1912 als Sohn einer jüdisch-bürgerlichen Familie in der Ukraine geboren. Die Familie flüchtete vor der bolschewistischen Revolution und erreichte 1920 via Istanbul Wien. Soyfer engagierte sich bei den sozialdemokratischen Mittelschülern, schrieb für die politische Presse und das Kabarett. Nach 1934 wurden seine Stücke auf Kleinkunstbühnen in Wien und Budapest aufgeführt. Seine Gedichte und Prosa wurden in verschiedenen in- und ausländischen Zeitungen und Zeitschriften gedruckt. Wegen politischer Betätigung war er 1937 inhaftiert. Beim Versuch, die Schweizer Grenze zu überschreiten, wurde er am 13. März 1938 von österreichischen Zöllnern widerrechtlich verhaftet. Er starb am 16. Februar 1939 -mit 26 Jahren- im KZ Buchenwald.

Presse

KStA - Leverkusener Anzeiger 31.03.2023

Rheinische Post 31.03.2023

Weltuntergang in der Studiobühne an der Karlstraße

von Monika Klein

Geräuschkulisse und dichter Qualm aus der Nebelmaschine der verdunkelten Bühne lassen nichts Gutes ahnen: Es herrscht Endzeitstimmung auf dem Planeten. Mit dem Schauspiel „Weltuntergang“ von Jura Soyfer meldet sich die Studiobühne im Künstlerbunker Karlstraße nach dreijähriger Spielpause zurück.

So düster und grau wie beim Intro bleibt es allerdings nicht. Im Gegenteil, die Versammlung der Himmelskörper, die unter Vorsitz der gold glitzernden Sonne die Vernichtung der Erde beschließen, ist ausgesprochen bunt. Alle werden von Schauspielern verkörpert und tragen ach so menschliche Züge.

Auf Bürostühlen rollen sie um auf ihrer Bahn. Saturn (Hans Schmitz) hat seine Ringe locker über die Schulter gelegt, Stephan Schindler erscheint als Mars in metallicroter Bomberjacke mit gefüllten Patronengürtel, dazwischen mimt Sabine Lüer die kokette Venus mit Federboa, und über allem thront die gestrenge Sonne (Petra Bierwerth) als Dirigentin.

Mit der Sphärenharmonie stimmt etwas nicht, stellt sie fest, die Erde ist aus dem Takt geraten. Der verirrte Komet Konrad (Barbara Heisinger), der auf seinem silbernen Roller mitten durch die Versammlung flitzt, kommt wie gerufen. Er soll Kurs auf die Erde nehmen und kurzen Prozess machen, vorbestimmter Termin: Ende Mai.

Szenenwechsel. Das beobachtet dort auch die Wissenschaft und prognostiziert das Weltende. Doch damit nimmt das Elend eigentlich erst Fahrt auf, ruft es doch Prediger und Geschäftstüchtige auf den Plan. Es gibt groteske Dialoge, die doch so viel Wahrheiten enthalten. Kurze Szenen folgen aufeinander, wobei das schlichte, nur aus Quadern bestehende Bühnenbild schnelle Wechsel ermöglicht. Mit Hilfe von Ton und Licht praktisch bruchlos aneinandergereiht, so dass die Spannung über 80 Minuten erhalten bleibt.

Bei allem Respekt für den Ernst der Lage gibt es allerdings reichlich Anlässe zum Lachen und Schmunzeln und sich an die eigene Nase zu fassen. Das revueartige Stück des Journalisten und Kabarettisten Jura Soyfer wurde 1936 in Wien zur Uraufführung gebracht, drei Jahre vor seinem Tod im KZ Buchenwald.

Sein „Weltuntergang“ ist unter dem Eindruck der Nazi-Machtergreifung entstanden, aber erschütternd zeitlos. Das wurde Regisseur Simon H. Kappes bewusst, als er den Text während der Pandemie wieder in die Hand nahm und deswegen auf den Spielplan setzte. Weitgehend originalgetreu, allerdings mit aktuellen Zusätzen, Originalzitaten von Alice Weidel, Björn Höcke oder Beatrix von Storch.

Der dramaturgische Eingriff ist im Programmheft abgedruckt und wird deutlich, wenn Inga Engels-Kunz als „Führer“ diese Passagen vorne am Bühnenrand spricht. Ansonsten wird der Zeitsprung in die Gegenwart eher durch Kostüme oder Requisiten deutlich. Statt Zeitungen oder Flugblätter kommen die permanent aktualisierten Meldungen über das Smartphone, und die illustre Gesellschaft samt amerikanischem Präsidenten, die sich kurz vor dem errechneten Kometen-Aufprall ins Weltall retten will, trägt schwarze Nasa-Uniformen.

Am Ende kommt natürlich alles ganz anders. Am Freitagabend wurde im kleinen Theater im Künstlerbunker, Karlstraße 9, Premiere gefeiert. Die Studiobühne wiederholt ihre „Weltuntergang“-Vorstellung am 2., 15. und 16. April, am 14., 19., 20., 21., 27., 28. und 30. Mai, sowie am 2. und 4. Juni. Dienstags und freitags beginnen die Aufführungen um 20 Uhr, samstags und sonntags um 18 Uhr.

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